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Pfarrerin Susanne Kuhles vom evangelischen Frauenreferat trug Geschichten von Frauen aus der Bibel vor.

Milli Häuser sang im Gottesdienst und wurde von Nizreen Sukkar (links) und (im Hintergrund) Uwe Kellerhoff musikalisch unterstützt. Fotos: Frauke Haardt-Radzik

„Begrüßen Sie ihn mit einem warmen Lächeln und zeigen ihm, wie aufrichtig Sie sich wünschen, ihm eine Freude zu bereiten.“ So heißt es in einem Handbuch für – nein, nicht für eine Prostituierte zu ihrem Arbeitseinsatz, sondern für die gute Ehefrau in den 1950er Jahren. Frauen, die sich nicht an die Normen der gehorsamen Ehefrau und treu sorgenden Mutter hielten, waren verdächtig und mussten kontrolliert und im schlimmsten Fall bestraft werden – besonders wenn es sich um Frauen handelte, die als Prostituierte arbeiteten.

Vor einhundert Jahren, nachdem Frauen sich diesen Normen mutig entgegen stellten und für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und für das Recht auf freie Berufswahl gekämpft haben, erhielten sie endlich in Deutschland das allgemeine Wahlrecht. Darauf wies Astrid Gabb, Leiterin von Madonna e.V., der Prostituierten-Selbsthilfeorganisation, gleich zu Beginn dieses besonderen Gottesdienstes hin.

1975 besetzten Prostituierte eine Kirche im französischen Lyon und protestierten damit gegen Diskriminierung, Ausbeutung und Polizeigewalt gegen Huren. Mit dem Bochumer Gottesdienst sollte auch an diesen mutigen Protest erinnert werden.
Freie Berufswahl, also auch die freie Wahl, sich für die Arbeit als Prostituierte zu entscheiden. Doch Sexarbeiterinnen stünden nach wie vor unter Aufsicht und Kontrolle, würden nach wie vor stigmatisiert und diskriminiert, zog Gabb auch nach 100 Jahren noch immer eine kritische Bilanz.

Und wie sieht das Bild der Frau in biblischen Geschichten aus?  Auch darauf wurde in diesem Gottesdienst ein Blick geworfen. Statt einer normalen Predigt stellte Susanne Kuhles, Pfarrerin im Frauenreferat des evangelischen Kirchenkreises Bochum, verschiedene Frauengestalten der Bibel vor: „Er, Jesus, erzählte ihnen ein Gleichnis: Es war einmal ein Richter in der Stadt, der Gott nicht fürchtete und sich vor keinem Menschen scheute. Und eine Witwe war in jener Stadt, die kam immer wieder zu ihm und sagte: Schaffe mir Recht gegenüber meinem Gegner! Doch er wollte eine Zeitlang nicht und schickte die Frau immer wieder fort. Doch sie kam immer wieder. Da sagte der Richter zu sich selbst: Wenn ich auch Gott nicht fürchte und mich vor keinem Menschen scheue, so will ich doch, weil mir diese Witwe Mühe macht, ihr Recht schaffen, damit sie nicht schließlich kommt und mir ins Gesicht schlägt.“

Der ungerechte Richter als Gegenbild von Gott. Die Witwe steht in diesem Gleichnis für alle gläubigen Menschen, die um den Beistand Gottes flehen, wenn die Lebensumstände schwierig sind. Zu Gott fliehen, wenn die Umstände schwierig sind, das taten 1975 wohl auch die 150 Prostituierten, die in Lyon eine Kirche besetzten.

Seit gut zehn Jahren laden Madonna und das Frauenreferat regelmäßig zu Gottesdiensten in die Innenstadtkirche ein. An diesem Sonntag wurde dabei auch viel gesungen. So bot der Madonna Chor mit dem „Halleluja“ von Leonard Cohen eine vielstimmige Erinnerung an den verstorbenen Künstler. Milli Häuser, Bochums Jazzsängerin, intonierte gemeinsam mit ihrem Trio und dem aus Syrien stammenden Nizreen Sukkar  „It´s a womens world“, wofür es viel Beifall vom zahlreichen Publikum gab. Und nach den Fürbitten und dem Vater unser drehte der Madonna Chor mit dem spanischen Sambastück „Mas que nada“ noch einmal so richtig auf. „Solch flotte Musik könnte hier in der Kirche ruhig öfter gespielt werden“, kommentierte dies eine ältere Gottesdienstbesucherin beim Hinausgehen.

100 Jahre sind nicht genug – und so werden wohl auch im nächsten Jahr wieder Prostituierte beim internationalen Hurentag zu gemeinsamen Protesten und Gebeten ins Gotteshaus in die Innenstadt einladen.

19.06.2018
Von: Frauke Haardt-Radzik

Die Tageslosung

Die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine:
Montag, 6. Mai 2024:
Losungstext:
Der HERR deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes.
Psalm 27,5
Lehrtext:
Der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.
2. Thessalonicher 3,3